Woche 2: Laborwerte verstehen
Die Biomarker
Lass uns einen Blick auf die einzelnen Laborparameter werfen. Wir stellen sie dir im Ampelsystem vor. Diese Parameter geben dir eine Vorstellung davon, in welchem Bereich ein Leben ohne Krankheiten, Schmerzen, Müdigkeit und Immunprobleme am wahrscheinlichsten ist.
Es ist wichtig zu beachten, dass dies lediglich einen Einblick in die menschliche Physiologie bietet. Unsere Labordiagnostik dient nicht der Diagnose von Krankheiten (oder dem Ausschluss von Krankheiten), sondern soll eine solide wissenschaftliche Grundlage für personalisierte Lebensstilmethoden schaffen.
Biomarker 1:
Cholesterin Ratio (HDL zu Gesamtcholesterin)
Cholesterin wird in drei Bereiche eingeteilt. Das Gesamtcholesterin, das LDL-Cholesterin (schlechtes Cholesterin) und das HDL-Cholesterin (gutes Cholesterin, HDL= Hab dich lieb Cholesterin).
Das Risiko in Bezug auf Cholesterin hängt eng mit dem guten HDL-Cholesterin zusammen, das in der Lage ist, Fettsäuren aus den Organen und Gefäßen zurück zur Leber zu transportieren.
Daher ist es sinnvoll, das Verhältnis von Gesamtcholesterin zu HDL-Cholesterin zu betrachten – die sogenannte Cholesterin Ratio.
Das HDL-Cholesterin sollte zwischen 60-100 mg/dl liegen. Eine optimale Cholesterin Ratio liegt unter 3. Das bedeutet, dass das Gesamtcholesterin maximal zwischen 180-300 mg/dl liegen sollte, abhängig vom HDL-Cholesterin.
Die Verbindung zwischen Blutcholesterin (nicht Nahrungsmittelcholesterin) und Herzkrankheiten wurde in der Framingham-Herz-Studie, die seit 1948 läuft, aufgedeckt. Eine genaue Analyse der Daten zeigt, dass das Verhältnis von Gesamtcholesterin, LDL, HDL und Triglyceriden wichtige Informationen über das kardiovaskuläre Risiko liefert.
Daher hat sich die Ratio aus Gesamtcholesterin zu HDL-Cholesterin als wichtiger Marker durchgesetzt. Eine niedrige Ratio spricht für einen hohen Anteil von HDL-Cholesterin am Gesamtcholesterin.
Das bedeutet gleichzeitig, dass viel HDL im Verhältnis zu wenig LDL-Cholesterin vorhanden ist und damit das kardiovaskuläre Risiko niedrig ist.
ps.: Wir lernen nie aus und vieles ist noch unbekannt. Am 28 März 2024 wurde eine neues Hormon gefunden, dass Cholesin genannt wird. Dieses Hormon wird im Darm gebildet und es reguliert das Plasmacholesterinlevel. Das heißt, isst du Cholesterin haltige Lebensmittel, dann erhöht sich die Menge an Cholesin. Was die körpereigene Cholesterinsynthese herunter regulieren kann und die Aufnahme von Cholesterin reduziert. (Hu et al. 2024)
Biomakter 2:
Triglyzeride
Triglyceride sind ein dreier Pack von Fettmolekülen. Sie sind eine wichtige Energiequelle
für den Körper. Sie werden in den Fettzellen gespeichert und können bei Bedarf als Energie freigesetzt werden.
Der Triglyzeridstoffwechsel ist also ein Übersetzer und Transporter für Energie.
Wenn wir einen Energiebedarf erzeugen, indem wir uns nüchtern Bewegen und danach essen, werden diese Nährstoffe sofort verbrannt und in Energie umgesetzt.
Wenn wir aber zu viele Nahrung (Kohlenhydrate) konsumieren als wir verbrauchen, wird diese Energie in der Leber zu Triglyceriden umgewandelt und in die Blutbahn abgegeben. Die Fettproduktion aus Kohlenhydraten in der Leber, nennt sich De Novo Lipogenese (DNL). Bei überschüssigen Fetten ist es das selbe, nur werden diese in den Darmzellen umgebaut. Der Körper kann diese überschüssige Kalorien nun in der Leber und in Fettzellen speichern, was zu einer Zunahme des Körperfetts führt. Wenn du Körperfett verbrennst, greift dein Körper wieder auf diese gespeicherte Energie zurück und verbrennt sie. Bei Übergewicht ist daher im Rahmen des Gewichtsverlustes erst dann eine Reduktion der Triglyzeride zu erwarten, wenn die Körperfettzellen einen Großteil ihrer Triglyzeride verbrannt haben. Während dem Gewichtsverlust ist es also ganz normal wenn dieser Wert ansteigt.
Ein hoher Triglyceridspiegel im Blut kann ein Indikator für metabolische Störungen wie Fettleibigkeit, Insulinresistenz und Herz-Kreislauf-Risiken sein.
Gesunde Werte:
Die Europäische Kardiologische Gesellschaft (ESC) hat in ihren aktuellen Richtlinien klare Empfehlungen für optimale Triglyzeridwerte festgelegt. Werte über 150 mg/dl gelten als erhöht (moderate Hypertriglyzeridämie), während Werte über 800 mg/dl als stark erhöht (schwere Hypertriglyzeridämie) eingestuft werden.
Diese Festlegungen stützen sich auf umfangreiche Beobachtungsstudien, die zeigen, dass ein Triglyzeridspiegel von über 150 mg/dl das Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen um das Doppelte erhöht.
Die Richtlinien betonen zunächst nicht-pharmakologische Ansätze zur Behandlung einer moderaten Hypertriglyzeridämie.
Was beeinflusst nun die Triglyceridwerte?
Ein Blick auf Naturvölker zeigt, dass die Genetik allein nicht erklären kann, wie es zu hohen Triglyzeriden kommt. Hypertriglyzeridämien ist bei Naturvölker nicht nachweisbar.
Es gibt also lebensstilbedingen Ursachen. Triglyzeride aus dem Fettgewebe werden unter dem Einfluss von Bewegung zur Energieverbrennung freigesetzt. Das geschieht über das Enzym ATGL (Adipozyten-Triglyzerid Lipkes). Je aktiver dieses Enzym ist, desto aktiver ist die Fettverbrennung. Insulin (also Kohlenhydrate) hemmen dieses Enzym. Muskuläre Aktivität aktiviert dieses Enzym. Je geringer die Triglyzeridspeicher im Gewebe sind, desto geringer sind auch die Blutlevel der Triglyzeride.
Es sind viele weitere Enzyme bei der Fettverbrennung beteiligt.
- Lipase: Lipasen sind Enzyme, die Fette abbauen, indem sie Triglyceride in freie Fettsäuren und Glycerin zerlegen. Diese freien Fettsäuren können dann als Energiequelle verwendet werden.
- Hormonsensitive Lipase (HSL): wird durch Hormone wie Adrenalin und Noradrenalin stimuliert und durch Insulin gehemmt.
- Carnitinpalmitoyltransferase I (CPT-I): Dieses Enzym ist wichtig für den Transport von Fettsäuren in die Mitochondrien, wo sie zur Energiegewinnung verbrannt werden. Ohne CPT-I könnten Fettsäuren nicht in die Mitochondrien gelangen, wo die Fettverbrennung stattfindet. Ein hoher Blutzuckerspiegel hemmt dieses Enzym.
- Acetyl-CoA-Carboxylase (ACC): Dieses Enzym reguliert den Prozess der Fettsäuresynthese. Während der Fettverbrennung hemmt ACC die Synthese neuer Fettsäuren und fördert stattdessen die Nutzung vorhandener Fettsäuren zur Energiegewinnung.
- Carnitinpalmitoyltransferase II (CPT-II): Nachdem die Fettsäuren in die Mitochondrien transportiert wurden, ist CPT-II für die Freisetzung der Fettsäuren aus dem Carnitin-Fettsäure-Komplex verantwortlich, damit sie in den oxidativen Stoffwechselweg eintreten können.
- Citrat-Synthase: Dieses Enzym ist an der Umwandlung von Acetyl-CoA in Citrat beteiligt, ein Schritt im Zitronensäurezyklus, der zur Energieproduktion aus Fettsäuren führt.
- Beta-Oxidation-Enzyme: Eine Gruppe von Enzymen, darunter Hydroxyacyl-CoA-Dehydrogenase (HAD), Enoyl-CoA-Hydratase und Acyl-CoA-Dehydrogenase, die in der Mitochondrienmatrix an der Zerlegung der Fettsäuren in kleinere Fragmente zur weiteren Energiegewinnung beteiligt sind.
Bewegungsmangel, Hormonumstellungen und chronisch erhöhte Insulinspiegel (wie bei chronisch erhöhtem Kohlenhydratkonsum und/oder Insulinresistenz) hemmen also die Fettverbrennung.
Weitere Ursachen erhöhter Triglyzeride sind:
- Alkohol (auch durch De Novo Lipogenese (DNL= Triglyzerid Produktion in der Leber aus Kohlenhydraten),
- Fruktose (ebenfalls DNL – kann Triglyzeride 30% erhöhen),
- Betablocker (weil Adrenalin akut Energie schlechter mobilisieren kann),
- chronischer Stress
- Cortisontherapie (Cortison erhöht DNL und Glukoseproduktion in Leber)
- die Pille (mehr DNL durch mehr Östrogen).
Wirksame Methoden zur Reduktion von Triglyceriden sind:
- Körpergewichtsreduktion +++
- intermittierendes Fasten (Verbesserung von 15-30% in 6 Wochen in randomisierten, klinischen Studien)
- High Intensity Interval Training (HIIT – mit einer Verbesserung von etwa 30% in 8 Wochen)
- Verzicht auf Alkohol, Zigaretten, Zucker und Transfette +++
- Reduktion von Stärke ++
- Faserstoffreiche Ernährung ++
- Stressmanagement
- Supplementation von Vitamin B3 und Omega-3 ++
Quelle: ESC Leitlinie 2019
Für eine moderate Hypertriglyzeridämie kann eine nicht-pharmakologische Behandlung in Erwägung gezogen werden, während bei einer schweren Hypertriglyzeridämie eine zusätzliche pharmakologische Therapie notwendig ist. Allerdings konnte bislang keine ausschließlich pharmakologische Therapie bei moderater Hypertriglyzeridämie einen nachweislichen Überlebensvorteil zeigen.
Die Beziehung zwischen Triglyzeriden und Insulinresistenz
Erhöhte Triglyzeridwerte gelten als zuverlässiger Indikator für das Vorliegen einer Insulinresistenz.
Die genauen Mechanismen, durch die erhöhte Triglyzeride zu einem erhöhten Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen führen, sind noch nicht vollständig geklärt. Es scheint, dass Triglyzeride lediglich ein Warnsignal für ein zugrunde liegendes Problem darstellen könnten, nämlich die sogenannte „Metaflammation“ oder Insulinresistenz.
Die direkten Auswirkungen der Insulinresistenz auf das Herz-Kreislauf-System sind jedoch recht gut verstanden. Messungen der Insulinresistenz korrelieren eng mit den Triglyzeridwerten, was darauf hindeutet, dass erhöhte Triglyzeride möglicherweise eine Begleiterscheinung der Insulinresistenz sind.
Diese Annahme wird durch die Tatsache gestützt, dass pharmakologische Maßnahmen zur isolierten Senkung der Triglyzeride im Gegensatz zur Reduzierung der Insulinresistenz keinen Einfluss auf die Gesamtsterblichkeit hatten.
Während erhöhte Triglyzeride das Risiko für kardiovaskuläre Sterblichkeit um etwa das Doppelte erhöhen können, ist die Insulinresistenz mit einem etwa sechsfach erhöhten Risiko assoziiert.
Biomarker 3:
Glukose
Die Blutglukose, allgemein bekannt als Blutzucker, bezieht sich auf die Menge an einfachem Zucker, der im Blut zirkuliert.
Eine optimale Blutzuckerkonzentration liegt zwischen 60 und 100 mg/dl. Erhöhte Nüchternwerte deuten auf eine Störung der Blutzuckerregulation hin. Dies tritt auf, wenn die Zellen nicht mehr effizient in der Lage sind, Glukose aufzunehmen – eine Situation, die als Glukoseintoleranz bekannt ist.
Insulin ist ein wesentlicher Faktor für die Aufnahme von Blutzucker durch die Zellen. Wenn Insulin nicht ausreichend vorhanden ist, sei es aufgrund von erhöhtem Insulinbedarf der Zellen (Insulinresistenz) oder unzureichender Produktion durch die Bauchspeicheldrüse (Diabetes), resultiert dies in einem Anstieg des Blutzuckers.
Es ist ebenso wichtig, dass der Blutzuckerspiegel nach einer Mahlzeit (innerhalb von 2 Stunden) nicht über 140 mg/dl ansteigt. Andernfalls könnte dies auf beginnenden Diabetes oder eine übermäßige Aufnahme von Zucker und Stärke hinweisen.
Die intermittierende, hormetische Medizin hat sich als äußerst wirksame Behandlungsform für Blutzuckerregulationsstörungen und Insulinresistenz erwiesen.
Mehrere Studien belegen, dass Blutzuckerregulationsstörungen und Insulinresistenz in den meisten Fällen umkehrbar sind. Eine Beispielstudie, die VIRTA-Studie, zeigt, dass sogar ein diagnostizierter Diabetes Typ 2 in über 60% der Fälle innerhalb von 12 Monaten vollständig umkehrbar ist.
Biomarker 3:
HbA1c
HbA1c, auch bekannt als Langzeit-Blutzucker, ist ein Schlüsselindikator in der Diabetesbehandlung. Es spiegelt den durchschnittlichen Blutzuckerspiegel über einen Zeitraum von 2-3 Monaten wider, indem es die Karamellisierung der roten Blutkörperchen aufzeigt.
Die roten Blutkörperchen, auch als Hämoglobine bekannt, spielen eine entscheidende Rolle beim Transport von Sauerstoff. Wenn diese roten Blutzellen mit Blutzucker in Berührung kommen, erfahren sie eine Art Karamellisierung – ähnlich den karamellisierten Nüssen. Karamellisierte Blutkörperchen können keinen Sauerstoff mehr transportieren. Chronischer Sauerstoffmangel in den Zellen kann zu verschiedenen gesundheitlichen Problemen führen, darunter Zellschäden, verminderte Energieproduktion, Entzündungen und Krankheiten.
Indem wir das Verhältnis der karamellisierten roten Blutkörperchen zu allen roten Blutkörperchen betrachten, können wir eine Schätzung darüber abgeben, wie der durchschnittliche Blutzuckerspiegel in den letzten 2-3 Monaten war (denn rote Blutkörperchen haben eine Lebensdauer von 2-3 Monaten). Beispielsweise lässt sich aus einem HbA1c-Wert von 5% ableiten, dass der durchschnittliche Blutzucker etwa 100 mg/dl betrug.
Die maximale Rate der HbA1c-Reduktion liegt bei 0,1% pro Tag oder bis zu 3% pro Monat. Das bedeutet, dass bei einer vollständigen Normalisierung des Blutzuckerspiegels eine maximale Reduktion von beispielsweise 9% auf 6% innerhalb eines Monats erzielt werden kann. Allerdings liegt die durchschnittliche Erwartung für eine Reduktion eher im Bereich von etwa 0,5-1% pro Monat.